Schon lange ist klar: aus dem von den CDU Spitzen 2013 im Kreis geforderten geogra-phischem Deckel ist ein geographischer Topf geworden, der sich anschickt alle Rekorde zu brechen und nun endgültig überzulaufen. Grund sind die Änderungen im EEG 2016, das für die zukünftige Windenergienutzung Ausschreibungen und Wettbewerb fordert.
Ausgenommen sind die Anlagen, die bis zum 31.12. diesen Jahres noch genehmigt werden. Diese erhalten dann noch die hohe, 20 Jahre durch die Umlage sozialisierte und garantierte Vergütung von zur Zeit noch 8,9 Cent /kWh. Die Bundesnetzagentur erwartet bei den ersten Ausschreibungen 2017 Ergebnisse zwischen 6 und 6,6 Cent. Entsprech-end hoch ist der Druck auf die Kommunen und den Kreis als Genehmigungsbehörde. Der Endspurt hat für alle mehr als spürbar begonnen.
Vorm Endspurt schon rekordverdächtig
Er war schon bei Fertigstellung 2001 das größte Windenergiegebiet Europas, zumindest im Binnenland, der Windpark auf dem Sintfeld südlich von Paderborn.
Das Sintfeld ist als Teil der Paderborner Hochfläche ein Hochplateau im Kreis Paderborn mit Randlagen im Hochsauerlandkreis, NRW, das sich hauptsächlich um die Stadt Bad Wünnenberg ausbreitet. Begrenzt durch das Eggegebirge im Osten und die Berge des Sauerlandes im Süden ist die Hochfläche Teil der deutschen Mittelgebirge. Zudem ist das Sintfeld durch seine Lage am östlichen Rand der westfälischen Bucht und mit seinen durchschnittlichen Höhenlagen von über 300 m ü. NHN eines der windhöffigsten Gebiete in NRW. 100 m über Grund weht der Wind durchaus vergleichbar mit der Situation an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste.
Lage des Sintfeldes auf der Paderbor- ner Hochfläche und Blick von Westen in Richtung Eggegebirge (Luftbild BI Windvernunft) |
Diese besondere Lage war auch den Pionieren der Windenergienutzung in OWL bekannt. Bereits 1995 wurden in den einzelnen Windparks Elisenhof und Meerhof die ersten Anlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 750 kW in Betrieb genommen. 2001 waren bereits über 80 Anlagen im Betrieb.
In mittlerweile 7 Windparks zusammengefasst wurden bis 2014 zwischen Bad Wünnenberg (Kreis Paderborn) und Marsberg (Hochsauerlandkreis) 119 Anlagen in Betrieb genommen. Auf der rund 130 km² großen Fläche des Sintfeldes bedeutete das bereits 2014 eine Anlagendichte von 92 Anlagen auf 100 km², damals schon rekordverdächtig, aber es geht noch besser.
Blick von Meerhof, Ortsausgang (Landstraße nach Fürstenberg) auf den 2001 errichteten Windpark Meerhof mit inzwischen ein paar dazu gebauten, weiteren Anlagen und der immer gerne als „Vorbelastung“ bezeichneten Hochspannungsleitungen.
Repowern „auf westfälisch“
Die besondere Lage und dementsprechend hohe Stromerträge ließen die Begehrlichkeiten und damit den Druck auf die Kommunen im Kreis Paderborn wachsen. Gerichtsurteile und Schadensersatzandrohungen führten zu regelrechten Angstplanungen der betroffenen Kommunen, die mit Ausweisung von Vorranggebieten zur Windenergienutzung von über 10 % der gesamten Stadtflächen in Bad Wünnenberg und Lichtenau führten. Aber auch damit geben sich die Windaktivisten nicht zufrieden und legen dagegen Normenkontrollklagen ein.
Da die Kreise Paderborn und Hochsauerland auf ihren Internetseiten in ihren Geoportalen die jeweilige Situation ausschließlich bis an die Kreisgrenzen darstellen, lässt sich nur durch den Blick vom kleinen Hellweg, der Sindfeldhöhenstrasse in Bad Wünnenberg-Helmern, nahe der A 44 in ihrer, das gesamte Ausmaß der massiven Ausweitung der Neubaumaßnahmen erahnen. Bei guter Sicht kann man inzwischen nahezu 600 Wind-energieanlagen im Betrieb bewundern, die sich im Kreis Paderborn und den angrenzenden Gebieten des Hochsauerlandes drehen.
Die anstehenden Änderungen des EEG haben den Baudruck der Investoren und damit auch den Druck auf die Genehmigungsbehörden massiv erhöht. Neben dem Bau von Anlagen der 3-4 MW-Klasse auf den neu ausgewiesenen Konzentrationszonen werden auch bestehenden Windparks repowert, allerdings auf „westfälische Art“.
Kleine Anlagen als Unterholz
Da die meisten alten Anlagen um 2001 herum errichtet worden waren, können die zumeist bereits abgeschriebenen Anlagen noch 5 Jahre die Vorteile des EEG genießen, warum sollten diese dann Platz machen für die neuen, viel größeren Anlagen? Diese können doch mit einer Nabenhöhe von 149,5 m und einer Gesamthöhe von über 220 m einfach darüber gebaut werden.
In den neu erarbeiteten und von den wenigen als unbefangen in den Räten verbliebenen Ratsfrauen und -herren verabschiedeten Nutzungsplänen sind keine Mengen- oder Höhenbegrenzungen festgelegt, den Mut haben nur die Borchener Ratsvertreter mit ihrem SPD-Bürgermeister Allerdissen. So lassen sich nun bei Lichtenau mehrere Windanlagen-wände mit kleinen Gittermastanlagen aus den 90´ern, den 100 m hohen Anlagen aus 2001 und den neuen, großen Anlagen erblicken. Keine Chance für Zugvögel.
Repowern „auf westfälisch“: Der Windpark nördlich von Lichtenau mit alten, kleinen und neuen, großen Anlagen, Blick vom Norden in Richtung Lichtenau im Frühjahr 2016
Das östliche Sintfeld deutscher Champion ?
Mit den Windparks Elisenhof, Meerhof und Gut Wohlbedacht sind auf rund 50 km² zwischen dem Kloster Dahlheim (Lichtenau) im Nordosten und Essentho (Marsberg) im Südosten bereits seit vielen Jahren 71 Anlagen (32 auf der Seite des Kreis PB und 39 auf Seite des HSK) in Betrieb.
Mit der Ausweisung neuer Konzentrationszonen „Nordholz“ (Lichtenau) und „Himmelreich“ (Marsberg) und der Ausweitung der bestehenden Zonen in Elisenhof, Helmern, Körtge, Meerhof und Gut Wohlbedacht kommen einige neue Anlagen (Stand Juni 2016) hinzu:
Elisenhof: 5 Anlagen im Bau, eine Anlage in Planung (beantragt)
Körtge (Fürstenberg): 2 Anlagen in Planung (beantragt)
Nordholz (Lichtenau-Husen): 16 Anlagen (beantragt)
Helmern (östl. Dahlheimer Str.): 5 Anlagen im Bau, 2 Anlagen Rückbau (geplant)
Eilern (östliche Gemarkungsgrenze): 5 Anlagen im Bau
Gut Wohlbedacht (Fürstenberg): 3 Anlagen in Planung (beantragt),
11 weitere im Ersatz der bestehenden (geplant)
Himmelreich (Meerhof-Essentho): 10 Anlagen im Bau
Meerhof: 3 Anlagen im Bau,
26 Anlagen beantragt (nur geringer Rückbau)
130 Anlagen auf 50 km²
Zur Zeit sind in diesem Bereich somit 28 Anlagen im Bau und weitere 59 Anlagen in der Planung bzw. bereits im Genehmigungsverfahren.
89 neue, große Anlagen werden dann rund 30 kleine Anlagen ersetzten, rund 40 kleine Anlagen werden dann mindestens noch weitere 5 Jahre in der „unteren Etage“ weiter betrieben. Damit dürfte der östliche Teil des Sintfeldes eines der oder das am stärksten mit Windanlagen bebaute Gebiet im Binnenland Deutschlands sein.
Blick auf die „andere Seite“: Auszug aus dem Geodatenprotal des HSK – Windpark Meerhof und Himmelreich (Stadt Marsberg, HSK) in direkter Angrenzung an den Kreis Paderborn (Bad Wünnenberg im Westen und Lichtenau im Norden) – Stand Juni 2016 (grün: im Betrieb, Lila: im Bau, rot: beantragt)
Das gesamt Sintfeld mit insgesamt 180 bis 200 Anlagen auf 130 km² oder die Paderborner Hochfläche mit Teilflächen in Lichtenau (Sorratfeld), Büren, Borchen, Salzkotten, Bad Wünnenberg sowie den Flächen bei Marsberg dürften damit den bisherigen, rekordver-dächtigen Wert von 80 Anlagen auf 100 km² locker überschreiten.
Dieses Fass ist schon lange übergelaufen. Vernünftige Energiewende sieht anders aus. Bei uns heißt es nur noch: „Nehmt mit, was ihr noch kriegen könnt...“ - Fragt sich nur, wer sich über diese Meisterschaft freuen kann?Die Investoren? Die Politik? Ich sicherlich nicht!
Hubertus Nolte
01.07.2016
Quellen:
http://www.hochsauerlandkreis.com/buergerservice/bauen_wohnen_kataster/geo_service/open/Windkraftanlagen.php
http://www.kreis-paderborn.de/kreis_paderborn/geoportal/solarkataster/seiten/erneuerbare_energien_des_kreises_paderborn.php
https://de.wikipedia.org/wiki/Sintfeld - https://de.wikipedia.org/wiki/Windpark_Sintfeld
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