... im Auftrag
des Umweltbundesamtes Juni 2014
UBA-FB 001948 Auszug:
Die
Bewertung und Beurteilung von tieffrequenten Geräuschen (definiert als
Frequenzbereich zwischen 8 und 100 Hz) erfolgt derzeit in Deutschland nach der
„Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm [136]“ mit der DIN
45680. Diese Regelung berücksichtigt nur Geräuschanteile, die eine definierte
(mittlere) Hörschwelle überschreiten.
Im
Rahmen der Überarbeitung der DIN 45680 wurde auf die Erweiterung des
Frequenzbereiches zu tieferen Frequenzen hin verzichtet, so dass der
Infraschallbereich unter 8 Hz (Terzmittenfrequenz) derzeit nicht eigens
beurteilt werden kann.
Eine im Zusammenhang mit Infraschall
häufig untersuchte Geräuschquelle sind Windenergieanlagen. Die
Veröffentlichungen zeigen, dass die Erfassung von Abstrahlung und Ausbreitung
der Geräusche von Windenergieanlagen mit Unsicherheiten behaftet sind, die eine
fundierte Geräuschprognose erschweren.
Mit wachsender Höhe der
Windenergieanlagen durchschneiden die Rotorblätter ein stärker variierendes
Windprofil.
Es ist daher fraglich, ob das Abstrahlungs- und Ausbreitungsmodell für kleinere
Windenergieanlagen auf moderne, große Anlagen übertragbar ist. Aufgrund
theoretischer Betrachtungen von Strömungsakustikern ist nicht davon auszugehen.
Ein erweitertes Wissen über die genannten Vorgänge wäre aber nicht nur eine
notwendige Voraussetzung für eine bessere Immissionsprognose. Die gewonnenen
Erkenntnisse könnten auch Hinweise für eine bessere Lärmminderung von Windenergieanlagen
liefern.
•
Defizite zeigen sich auch in der Literatur im Hinblick auf einen Schutz gegen
tieffrequenten Schall und Infraschall. Die
physikalischen Gegebenheiten von ausgeprägt tieffrequenten Schallen erschweren
einen wirksamen Lärmschutz. Sollen effektive bauliche Schallschutzmaßnahmen
getroffen werden, so ist der Aufwand bezüglich eingesetzter Massen oder
Volumina umgekehrt proportional zu den Frequenzen. Bei tieffrequentem Schall
oder sogar bei Infraschall bedeutet dies in der Regel einen kaum realisierbaren
Aufwand.
Gerade
bei tieffrequenten Geräuschen ist zudem oftmals eine monochromatische
Ausprägung (Tonhaltigkeit) gegeben. Insbesondere
bei tonhaltigen Geräuschen können im Einwirkungsbereich (d. h. in
Aufenthaltsräumen von Gebäuden) die raumakustischen Eigenschaften einen
Einfluss auf die Wahrnehmung der Immissionen haben. Aufgrund ihrer hohen
Wellenlänge (λ/2 (20 Hz) ≈ 8,5 m) bilden tieffrequente Geräusche stehende Wellen in Räumen mit den
entsprechenden Abmessungen aus (Raummoden), die den Höreindruck in Abhängigkeit
von der Position im Raum verstärken können.
Die
den Standards zugrunde gelegte Hörschwelle beruht auf Messungen bei
Normalhörenden mit einzelnen Sinustönen. Es kann aber gezeigt werden, dass
komplexe Geräusche auch schon dann wahrnehmbar sind, wenn die einzelnen
Komponenten unterhalb der Hörschwelle liegen.
Eine
weitere Diskrepanz besteht darin, dass die tieffrequenten Geräusche häufig in
der Amplitude stark schwanken (soz. pulsieren) und damit Adaptionsvorgänge im
Gehör auslösen, die ebenfalls zu einer erhöhten Wahrnehmung führen. Über dies
hinaus scheinen die tieffrequenten Schalle und der Infraschall bei längerer
Exposition bei den Betroffenen zu einer erhöhten Wahrnehmung zu führen.
Eine
weitere offene Frage ist, weshalb die Betroffenen in der Regel stark mental
beeinträchtigt sind. Ähnliche Beobachtungen sind bei anderen Lärmeinwirkungen
bislang nicht zu machen. Ob ein direkter
Einfluss auf Hirnfunktionen besteht und dieser deshalb besteht, weil die
Hirnaktivitäten den gleichen Frequenzbereich belegen, bleibt zunächst eine noch
nicht belegte Hypothese.
Die Vorstellung, dass dies so sein könnte, verstärkt die Notwendigkeit weiterer
Untersuchungen in dieser Richtung.
Vor
allem während des ersten Weltkriegs wuchs das Interesse der Wissenschaft für
die Infraschalltechnologie und später noch einmal während der Kernwaffentests. So wurde Infraschall als langwellige mechanische Strahlung insbesondere als
Waffe und für Aufklärungszwecke erprobt.
Seit
August 2011 liegt der Entwurf einer überarbeiteten DIN 45680 vor, der auf neueren Untersuchungsergebnissen basiert.
Der Frequenzbereich ist dabei wie bereits in der Vorgängerversion auf über 8 Hz
(Terzmittenfrequenz) beschränkt, so dass
weiterhin nur ein Teil des Infraschallbereichs durch die Norm abgedeckt ist.
Häufig
werden Infraschall und tieffrequenter Schall von Vibrationen verursacht und von ihnen begleitet. Betroffene
berichten mitunter davon, dass sie zugleich Vibrationen wahrnehmen oder
empfinden. Eine andere bekannte Form der multimodalen Reizung ist der Schattenwurf bei Windenergieanlagen in
Kombination mit tieffrequentem Schall. Dies wirft die Frage auf, ob sich solche
Reize gegenseitig verstärken und damit zu einer überhöhten Wirkung führen
können.
Schon
bei den Untersuchungen in den 1980er Jahren von Broner / Leventhall (vgl.
[15][18][16][17]) und Andresen / Møller (vgl. [2][91]) wurde festgestellt, dass tieffrequenter Schall in besonderer
Weise belästigend wirken kann.
Immissionsprognose
Eine Prognose der Schallverhältnisse
am Immissionsort (außen) auf Basis der Gegebenheiten am Emissionsort (außen)
ist trotz der angesprochenen, fast ungehinderten Schallausbreitung schwierig.
Sie ist nur dann zutreffend, wenn
a)ein geeignetes Quellenmodell
angewendet wurde und
b)der Abstand zwischen den beiden
Orten nicht zu groß ist.
Diese Rahmenbedingungen sind häufig
nicht gegeben und so ist erklärbar, dass
Prognosen nicht selten von den gemessenen Ergebnissen erheblich abweichen.
Ebenso schwierig ist der Rückschluss von den Gegebenheiten am Immissionsort auf
die verursachende Quelle.
Zu a): Liegt kein geeignetes
Quellenmodell vor, so besteht die Gefahr, dass die Gegebenheiten am
Emissionsort nicht repräsentativ erfasst werden und damit die Basis für eine
fundierte Prognose fehlt. Bei
Windenergieanlagen scheint dieses Problem vorzuherrschen, denn bei
entsprechenden Untersuchungen werden häufig Abweichungen zwischen Modell und
Messung (vgl.[4][60]) festgestellt.
Zur Verbesserung der Prognose werden deshalb nach Turnbull et al. (2012)[150] Alternativen
zum Kugelwellenmodell vorgeschlagen, mit denen eine Abstandsverdopplung mit
einer Reduktion von 6 dB verbunden wäre. Hierdurch würden allerdings die Pegel
am Immissionsort regelmäßig unterschätzt werden. Bei einem
Zylinderwellenmodell, von dem bei größeren Windenergieanlagen eine Verbesserung
der Prognose erwartet wird(vgl.[94][54]), wären dies nur 3 dB pro Verdopplung.
Wahrscheinlich ist aber auch dieses Modell zu einfach. Das charakteristische pulsierende Geräusch von Windenergieanlagen, das lange
Zeit mit dem Passieren eines Rotorblatts am Turm erklärt wurde, wird derzeit
mit dem Durchschneiden verschiedener Schichten im Windprofil erklärt.
Dabei
entstehende Turbulenzen könnten nach Kameier et al. (2103)[65]
einen
impulshaltigen Charakter verursachen. Bei solchen Turbulenzen können sich
Wirbel ablösen, die auch über größere Entfernungen sehr formstabil zu einer
stark gerichteten Abstrahlung führen können.
Ein mittlerweile schon berühmtes
Bild (Abbildung 9) kann dafür als Beleg herangezogen werden. Es ist die
Aufnahme des Off-Shore-Windparks Horns Rev 1. Die meteorologischen Bedingungen
sind so, dass die Luftfeuchte knapp unter der Sättigungsgrenze liegt. Die
leichte Druckerhöhung durch die Luftwirbel löst eine Kondensation aus. Damit
zeigen die Kondensationsfahnen die Verteilung
der Druckwelle an. Auch die Betreiber von Windenergieanlagen interessieren
sich für dieses Phänomen, da Windenergieanlagen, die in
Wirbelschleppen von anderen Anlagen
liegen, weniger effektiv Strom erzeugen (Parkeffekt).
Photograph: Christian Steiness (Abbildung9)
Zu b): Ein großer Abstand zwischen
Emissions-und Immissionsort
verstärkt den Einfluss der
Meteorologie. Dies kann bei instabilen Wetterlagen
schlagartig andere Ausbreitungsverhältnisse
und damit stark schwankende Pegel
zur Folge haben. Die von vielen Betroffenen gemachte Beobachtung, dass nachts
die Geräusche von Windenergieanlagen lauter wären, wurde früher mit einer
erhöhten Empfindlichkeit / Aufmerksamkeit der Betroffenen hinsichtlich der
Geräusche erklärt. Durch Van den
Berg(2006)[156]konnte aber nachgewiesen werden, dass nachts systematisch andere
Ausbreitungsbedingungen vorliegen, die auch dafür verantwortlich sind. Nicht
selten ist festzustellen, dass Pegel mit zunehmendem Abstand nicht
kontinuierlich abnehmen, sondern auch zunehmen können. Dieser Effekt ist durch
das Windprofil bedingt.
5.3.3Wirkungen von Infraschall auf
den Menschen
Eine detaillierte Analyse der
verfügbaren Literatur zeigt, dass weitgehend auf den tieffrequenten Bereich
konzentrierter Schall schon bei niedrigen Pegeln
das mentale Wohlbefinden deutlich
beeinträchtigen kann. Mit zunehmender Verschiebung zu tiefen Frequenzen bis in
den Infraschallbereich verstärkt sich dieser Effekt. Das ist das Ergebnis
verschiedener Untersuchungen im Feld und im Labor vgl.[162][26][69][113][9][159][8]).
Schwierig ist dabei eine
Grenzziehung, ob eine Belästigung wirklich einer messbaren Belastung zuzuordnen
ist, wie z.B. Van den Berg(2000/2012) [155] [157]feststellt. Eine Konzentration
des Schalls auf den tieffrequenten Bereich tritt im Alltag immer häufiger auf.
Als wesentliche Gründe hierfür sind
zu nennen:
•das vermehrte Vorhandensein
tieffrequenter Quellen
•die physikalisch bedingte fast
ungehinderte Ausbreitung des
tieffrequenten Schalls
•die baulichen Schallschutzmaßnahmen
(z. B. Schallschutzfenster), die fast ausschließlich gegen den Schall im
mittleren und höheren Frequenzbereich schützen (konventionelle Bautechnik), die
Ausbildung von starken Raumresonanzen, die durch moderne Architektur und
Wohnungseinrichtungen gefördert werden.
In einer sehr leisen Umgebung z. B.
in einer sehr ruhigen Wohngegend in der Nacht –kann eine mentale Wirkung schon
eintreten, wenn der Schall gerade wahrnehmbar ist. Konsequenterweise
orientieren sich die einschlägigen Regelwerke an der Hörschwelle. Die
Hörschwellen der einzelnen Menschen variieren. In Møller / Pedersen
(2004)[93]wird davon gesprochen, dass individuelle Hörschwellen bis zu 20 dB
unterhalb der mittleren
Hörschwelle liegen können.
Neben diesem
individuellen Faktor gibt es weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass ein Geräusch
auch unterhalb der festgelegten Hörschwelle hörbar ist.
Diese wurde nämlich mit Sinustönen
ausgemessen. Vielfach wurde belegt, dass komplexere Geräusche zu einer
niedrigeren Hörschwelle führen, d. h. das ein Geräusch mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit hörbar ist, auch wenn alle seine Komponenten unterhalb der
festgelegten Hörschwelle liegen(vgl. Møller /Pedersen(2004)[93]).
Da die unterste Frequenzgruppe bis
100 Hz reicht, kann dies auf eine summarische Wirkung der einzelnen Komponenten
zurückzuführen sein. In der Regel sind Geräusche, die auf ein schmales
Frequenzband begrenzt sind, in ihrer Einhüllenden stark fluktuierend. Dies ist
ein weiteres Merkmal, das zu einer erhöhten Wahrnehmbarkeit des Geräusches
führt. Bislang wird dieses Merkmal aber nur in einer dänischen
Richtlinie[169]in Form eines Zuschlags berücksichtigt, wenn die Differenz
zwischen dem 10er-und dem 90er-Perzentil 5 dB übersteigt. In Anbetracht des
Umstandes, dass in den einschlägigen Veröffentlichungen einhellig die Meinung
vertreten wird, dass Pegelschwankungen einen starken Einfluss haben und zu
berücksichtigen sind (vgl.[123][101][99][12][74][79][86][154]), könnte hier
noch mehr getan werden. Allerdings besteht in der Wissenschaft kein
Einvernehmen über das geeignete Maß, denn die Perzentildifferenz allein reicht
für eine fundierte Aussage über die erhöhte Wahrnehmbarkeit nicht aus.
Daneben ist nach Bengtsson et
al.[9]auch die Frequenz von Bedeutung, mit der die Einhüllende variiert.
Dass mit einer erhöhten
Wahrnehmbarkeit eine erhöhte Lästigkeit einhergehen kann, ist nachvollziehbar.
Trotzdem müssen Personen mit einer niedrigeren Hörschwelle nicht zwangsweise
stärker belästigt sein. So können jüngere Personen zwar eine niedrigere
Hörschwelle haben, gleichzeitig aber eine höhere Akzeptanz gegenüber
tieffrequenten Geräuschen aufweisen. Auf der anderen Seite gibt es einen
gewissen Prozentsatz von Personen, der allerdings nicht genau beziffert werden
kann, die insbesondere gegenüber tieffrequenten Geräuschen sehr empfindlich sind. Bei ihnen
fallen die Hör-und die Akzeptanzschwelle zusammen, d.h. sobald sie das Geräusch
hören, fühlen sich
sehr belästigt (vgl. [97][168]).
Ein großer Anteil der
Veröffentlichungen befasst sich mit der Frage der Abschätzung der empfundenen
Belästigung auf Grundlage der gemessenen Belastung. Dabei kristallisiert sich
kein einheitliches Bild heraus. In manchen Untersuchungen(z. B.
[103][73][142][58][56])wird extra darauf hingewiesen, dass die Probanden
Normalhörende (häufig jüngere Leute) sind, die zum Teil vor dem Test daraufhin
untersucht wurden. Falls solche Tests bei Studien nicht durchgeführt wurden, trug
die Gruppe der besonders empfindlichen Personen bei der Analyse zu erhöhten
Varianzen bei. Die Untersuchungen, die den Umstand der besonderen Empfindlichkeit
als Merkmal erfassten, weisen daher oft eindeutige Forschungsergebnisse
aus(vgl. [168][102][122][160][41][3][78][123]).
Es lässt sich diskutieren, ob eine
solche Sonderbehandlung gerechtfertigt ist. Schließlich ist fast jeder Mensch
in irgendeiner Hinsicht biologisch gesehen empfindlich und wird trotzdem nicht
zum Maßstab genommen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Situation anders
bewertet werden könnte, wenn jemand durch eine Exposition erst empfindlich
wird. Die Forschungen von A. Salt (2010 –2012)[128][130][129]befassen sich mit
Mechanismen, anhand derer dies erklärbar wäre.
Aus dem Umstand, dass die äußeren
Haarzellen im Innenohr fest mit der darüber liegenden Tektorialmembran
verbunden sind, während die inneren Haarzellen nur in den mit der
Tektorialmembran gebildeten Flüssigkeitsspalt hineinragen, resultiert bei
tiefen Frequenzen ein prinzipiell unterschiedliches Verhalten. Ausgelöst durch
Bewegungen der Basilarmembran führt die Tektorialmembran Scherbewegungen
gegenüber den Haarzellen
aus, die auch bei beliebig langsamen
Bewegungen die äußeren Haarzellen verbiegen. Diese reagieren mit merklich
evozierten Potenzialen. Demgegenüber kann die Flüssigkeit mit abnehmender
Frequenz immer weniger die Bewegung auf die inneren Haarzellen übertragen, da
die übertragbaren Kräfte proportional zur Geschwindigkeit sind. Die inneren
Haarzellen sind die eigentlichen Sensoren, die ihre Anregung über afferente (3)
Hörnerven an das Gehirn weiterleiten. Die äußeren Haarzellen fungieren als
Aktoren. Ihre Verbindung zum Gehirn besteht im Wesentlichen aus efferenten
Nervenfasern (vom Gehirn kommend), doch ein kleiner Teil ist auch afferenter
Natur. Sie könnten damit in einen komplizierten Regelungsmechanismus
eingebunden sein, der bei Daueranregung zu anormalen Reaktionen führen könnte.
Weiterhin hat A. Salt(2012)[128]bei
Tieren eine erhöhte Reaktion nahe der Spitze (Bereich zuständig für tiefe
Frequenzen) der Cochlea (4) in vivo (5) festgestellt, wenn im Stimulus höhere
Frequenzanteile fehlen. Möglicherweise ist dies ein physiologisches Korrelat
für die erhöhte Lästigkeit von konzentriert tieffrequenten Geräuschen. Ein
weiteres Phänomen, dem Salt nachgegangen ist, ist die Bildung so genannter
Hydrops (Volumenerweiterungen) in der Scala media. Untermauert von den Ergebnissen
mittels einer neuen Messmethode konnten die Vorgänge, die zur Bildung von
Hydrops führen, nachvollzogen werden(vgl. Salt (2010)[128]).
Es wird angenommen, dass über eine
Verbindung zum Gleichgewichtsorgan die
Volumenerweiterung auf dieses Organ
wirken kann. Dadurch könnten die gelegentlich beschriebenen Irritationen wie
Schwindelgefühle ausgelöst werden, die die Wahrnehmung von tieffrequenten
Geräuschen begleiten.
Betrachtet
man die exemplarisch aufgeführten Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass
Infraschall ab gewissen Pegelhöhen vielfältige negative Auswirkungen auf den
menschlichen Körper haben kann. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass viele
der negativen Auswirkungen von Infraschalleinwirkungen die Bereiche
Herz-Kreislaufsystem, Konzentration und Reaktionszeit, Gleichgewichtsorgane,
das Nervensystem und die auditiven Sinnesorgane betreffen. Probanden klagten häufig über Schwindel-und
Unbehaglichkeitsempfindungen bei Infraschallexposition.
Vergleicht man die Untersuchungsergebnisse,
wird deutlich, dass negative
Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich unter 10Hz auch bei
Schalldruckpegeln unterhalb der Hörschwelle nicht ausgeschlossen sind.
c)Führt eine langanhaltende
Exposition zu Habituation13oder zu einer Sensibilisierung?
Vielfach wird unterstellt oder
beruht sogar auf eigenen Erfahrungen, dass man sich scheinbar an gewisse Dinge
auf Dauer gewöhnen kann, so auch an Lärm, wenn er z. B. nicht zu laut ist
(Habituation). Im Allgemeinen tritt jedoch ein Gewöhnungseffekt nur scheinbar
auf und ist oft das Resultat einer Verdrängungsstrategie. Eine solche Strategie
scheint aber bei tiefen Frequenzen nur schwer möglich zu sein, denn mit
steigender Dauer der Exposition nimmt die Empfindlichkeit zu (Sensibilisierung)
(vgl. Persson / Rylander (2001) [119]). Das wirft folgende Fragen auf: Gibt es
dazu ein physiologisches
Korrelat, das diesen Vorgang
verstehen lässt? Gibt es eine Möglichkeit, diese
Sensibilisierung auszuhalten oder
sogar wieder rückgängig zu machen?
d)Warum wirken Infraschall und
tieffrequenter Schall so belästigend und warum ist nur ein gewisser Prozentsatz
der Bevölkerung besonders empfindlich demgegenüber?
Wird der Vorgang der
Sensibilisierung verstanden, ist vielleicht auch erklärbar, warum nur ein
gewisser Anteil der Bevölkerung sehr empfindlich reagiert? Diese besondere
Empfindlichkeit bedeutet aber nicht, dass andere Personen den betreffenden
Schall positiv bewerten. Auch von ihnen wird er in der Mehrzahl als belästigend
empfunden, aber eben bei höheren Pegeln.
3Zum
zentralen Nervensystem laufende Nervenfasern
4Teil des
Innenohrs Hörschnecke, Ist das Rezeptorfeld für die Hörwahrnehmung,
5Am lebenden
Organismus
13 Gewöhnung an einen
länger anhaltenden Reiz, erlernte Verhaltensunterdrückung
Beispiele von
Untersuchungen aus der Studie:
Karpova
(1970) [66] setzte männliche Probanden industriellem Infraschall (5/10 Hz mit
100/135 dB) aus. Dabei wurden Müdigkeit, Benommenheit, Apathie, Depressionen,
Konzentrationseinbußen und Schwingungen der inneren Organe festgestellt.
Weiterhin war die Leistung der Herzmuskelkontraktion verringert.
Faustov
(1993) [37] stellte nach einer Exposition im Schallfeld bei 10 Hz und 100 dB
über 24 Tage (sechs Stunden täglich), ab der vierten Stunde der Einwirkung eine
anfängliche Aktivierung des vegetativen Nervensystems, eine veränderte
Gerinnungsfähigkeit und einen veränderten Sauerstoffgehalt des Blutes fest.
Takigawa
(1988) [143] setzte 34 Personen für fünf Minuten einem breitbandigen
tieffrequenten Rauschen von 0,1 bis 10 Hz, 5 Hz und 16 Hz bei 95 dB(C) aus.
Hierbei wurde festgestellt, dass beim Schließen der Augen die konfusen
Körperschwingungen
(Körpereigenresonanzeffekte gemessen mit EEG)
verringert wurden. Daraus ergab sich für ihn die Annahme,
dass die Erregbarkeit des Gleichgewichtorgans durch Infraschall beschleunigt
wird.
Wirkungsradien und Betroffenheit
Auf
Grund der großen Wellenlängen des Infraschalls und der dadurch bedingten sehr
geringen Dämpfungseffekte im Ausbreitungsmedium Luft und anderer Strukturen können die „Wirkungsradien“ bzw.
Ausbreitungsdistanzen um eine Infraschallquelle mehrere Kilometer betragen.
Praktisch relevante Quellen sind Wärmepumpen,
Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke, Windenergieanlagen, Kälte- und
Klimaanlagen, Lüftungen und Gebäudeheizungen sowie Pressen/Stanzen in der
Gruppe der Produktionsstätten.
Als
Spektrum der Wirkungen von Infraschall wurden im Rahmen der Literaturanalyse folgende Wirkungsbereiche
identifiziert.
• Veränderung im Herz-/Kreislaufsystem (z. B.
Änderung des Blutdrucks, Herzrate)
• Konzentrationsschwäche,
Reaktionszeitänderungen im Leistungstest
• Einwirkung auf auditive Sinnesorgane und
auf das Gleichgewichtsorgan
•
mit den o. g. physischen Wirkungen einhergehende psychovegetative Störungen
bzw. erlebtes Unbehagen (Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit, Druckgefühl am
Trommelfell, Vibrationsgefühl)
• (erlebte) Schlafstörungen, Störungen der Konzentration bei
(geistigen) Tätigkeiten und Belästigung.
Die Infraschallexposition kann anhand
der sechs Merkmale (Eigen-) Überdeckung, Pegel, Frequenzbereich, Zeitverlauf,
Impulshaltigkeit und Tonhaltigkeit unterschieden werden.
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