Mittwoch, 30. November 2011

Keine Einigkeit in Sicht

 Bürgerversammlung: kontroverse Diskussion über Windenergie in Leiberg
Artikel im Westfälischen Volksblatt vom 30.11.2011
Von Hanne Hagelgans
L e i b e r g (WV). Auf riesige Resonanz ist eine Bürgerversammlung zum Thema Windenergie gestoßen, zu der die Leiberger Schützen eingeladen hatten. Mehr als 330 Interessierte verfolgten im proppenvollen Saal des Gasthauses Kaiser eine kontroverse und teilweise emotionsgeladene Diskussion.
»Wir sitzen immerhin schon an einem Tisch und reden miteinander statt übereinander - das ist doch ein Fortschritt«, meinte Johannes Lackmann, der mit Friedbert Agethen (beide Westfalen-wind) und Werner Ebbers (Windpark Bad Wünnenberg-Süd) die Seite der Investoren vertrat. Doch wie sich rasch zeigte, klaffen die Positionen der Windkraft-Befürworter und -Skeptiker stark auseinander. Die überwiegende Zahl der Besucher, die sich am Montagabend zu Wort meldeten, äußerte deutliche Kritik an den Plänen der Investoren.
Insgesamt 36 Anlagen möchten Agethen und Lackmann im Stadtgebiet bauen: 21 zwischen Haaren und Leiberg, acht zwischen Haaren und Böddeken, drei nördlich von Helmern in der Nähe der Autobahn und vier Auf der Körtge in Fürstenberg. Werner Ebbers und seine Mitstreiter planen iiisgesamt 21 Anlagen: zehn im Bereich Oberfeld-Nollen, elf am Hirschweg zwischen Wünnenberg und Haaren, östlich der B 480.
Beide Investoren möchten die Bürger an den Gewinnen beteiligen. Möglich werden soll das durch unterschiedliche Beteiligungsmodelle, Stromlieferverträge zu Vorzugspreisen und Ausschüttungen über eine Bürgerstiftung, die an die Vereine gehen sollen. »Ja, Windkraft ist sichtbar und sie verändert die Landschaft «gestand Lackmann zu. »Doch man kann sich daran gewöhnen.« Mit Blick auf das Netto-Zentrallager, das zurzeit im Industriegebiet Haaren gebaut wird, kritisierte er, dass die Stadt anderen Investoren »den roten Teppich ausrolle«, beim Thema Windkraft dagegen mauere.
Der Bad Wünnenberger Stadtrat hat beschlossen, neben den zurzeit 43 Anlagen im Stadtgebiet keine weiteren zuzulassen. Gegen den
entsprechenden Flächennutzungsplan klagt ein Landwirt. Sollte er gewinnen, so Lackmann, würden alle zurzeit 66 beantragten Windmühlen »mit einem Schlage genehmigungsfähig«, Chaos sei programmiert.
Sein Appell Iautete daher: Der Rat sollte die Entwicklung jetzt über einen neuen Flächennutzungsplan aktiv steuern, statt später nur noch reagieren zu können. Dabei habe die Westfalenwind durchaus nicht den Anspruch, dass alle beantragten Anlagen auch genehmigt würden. Lackmann: »Wir unterwerfen uns einem demokratischen    Votum.« Gestalten jedoch müsse der Rat: »Dazu ist er schließlich da.«
Lackmann schlug, ähnlich wie kürzlich in Lichtenau, eine Bürgerbefragung zum Thema vor, deren Ergebnis der Rat akzeptieren und umsetzen solle.


Die Gegenposition vertrat Bürgermeister Winfried Menne, der donnernden Applaus erhielt für seinen Satz: »Wir können mit unserer kleinen Stadt nicht die
ganze Welt retten.« 43 Anlagen im Stadtgebiet seien genug. Skepsis weckte bei ihm zudem auch die Idee der Bürgerstiftung, in die Lackmann und Agethen bis zu 250 000 Euro jährlich einzahlen wollen. »Wenn jemand 250 000 Euro freiwillig bezahlt, dann frage ich mich: Was kommt wohl für die Projektentwickler selbst dabei heraus«, sagte Menne und überlegte laut, ob es vor diesem finanziellen Hintergrund nicht sinnvoller sei, dass die Stadt Planung, Bau und Betrieb der Anlagen gleich selbst in die Hand nehme.
Menne zeigte sich zuversichtlich, dass die Stadt im Prozess mit dem klagenden Landwirt wie schon vor dem Verwaltungsgericht nun auch in der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht siegen werde. Allerdings könne das noch einige Jahre dauern. Zurzeit habe das Gericht in Münster noch nicht einmal darüber entschieden, ob die Berufung überhaupt zugelassen werde. Den Ausgang des Prozesses solle man abwarten, um Rechtssicherheit für weitere Planungen zu haben. In jedem Fall gedenke er nicht, die Planungshoheit der Gemeinde aufzugeben.
stellte Menne klar: "Ich wäre sogar bereit, vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen, ob die tatsächlich so massiv außer Kraft gesetzt werden darf.«
Ebenso kontrovers wie auf dem Podium waren auch die Ansichten unter den Zuhörern, von denen viele aus dem gesamten Bad Wünnenberger Stadtgebiet gekommen
waren. »Wir sollten Fakten sprechen lassen«, meinte ein Befürworter. »Kann es sich die Stadt leisten, ein so generöses Angebot abzulehnen?« Überwiegend waren jedoch kritische Stimmen zu hören. So sagte ein Zuhörer etwa: »Es reicht, wir haben das Nötige getan.«

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